Berlin, 29. Januar 2025 – Nach dem Messerangriff eines psychisch erkrankten 28-jährigen Afghanen auf eine Kindergartengruppe in Aschaffenburg fordert der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) eine faktenbasierte Debattenkultur und warnt davor, psychisch Erkrankte und Geflüchtete pauschal zu stigmatisieren.
Die Tat, bei der ein zweijähriges Kind und ein 41-jähriger Passant ums Leben kamen und drei weitere Personen verletzt wurden, hat bundesweit Entsetzen ausgelöst. „Der BDP verurteilt die Tat von Aschaffenburg, unser Mitgefühl liegt bei den Opfern und Angehörigen“, heißt es in der Erklärung des Verbandes. Gleichzeitig mahnt der BDP zur Besonnenheit in der politischen Debatte und stellt klar, dass vorschnelle Zusammenhänge zwischen Nationalität, psychischen Erkrankungen und Straftaten die eigentliche Gewaltproblematik nicht lösen.
Warnung vor Pauschalisierung im Wahlkampf
Angesichts der bevorstehenden Bundestagswahl Ende Februar 2025 rücken Forderungen nach einer härteren Abschiebepolitik in den Mittelpunkt. CDU-Politiker Carsten Linnemann sprach sich bereits nach dem Attentat in Magdeburg im Dezember 2024 für die Einführung eines Registers für psychisch Erkrankte aus.
Der BDP warnt jedoch davor, solche Maßnahmen als einfache Lösungen für komplexe Probleme darzustellen. „Die konsequente Abschiebung auffällig gewordener Einzeltäter mit Migrationshintergrund scheint schnelle Abhilfe zu schaffen. Dabei werden immer häufiger die Nationalität eines Menschen oder eine (potenzielle) psychische Erkrankung in direktem Zusammenhang mit einem erhöhten Potenzial zur Straffälligkeit kommuniziert“, heißt es in der Erklärung des Verbandes.
Ein solches Vorgehen könne zur Stigmatisierung von Millionen psychisch Erkrankten in Deutschland führen. „Jedes zweite Bevölkerungsmitglied könnte theoretisch im Laufe seines Lebens an einer psychischen Erkrankung leiden“, betont der BDP. Ein Register für psychisch Erkrankte stelle zudem alle Betroffenen unter Generalverdacht und könnte dazu führen, dass Menschen den Gang in eine notwendige Therapie scheuen.
Versorgung psychisch Erkrankter statt Generalverdacht
Der Verband verweist darauf, dass Sicherheitsbehörden bereits über Register für psychisch erkrankte Straftäter verfügen und Gesetze zur zwangsweisen Unterbringung in psychiatrischen Einrichtungen existieren. Zudem ist die Ausweisung straffällig gewordener Geflüchteter gesetzlich geregelt.
Vielmehr bestehe das eigentliche Problem in der unzureichenden Versorgung psychisch Erkrankter. „Eine angemessene Behandlung – und dazu gehört eine vertrauensvolle und positive Beziehung zwischen Therapeutin und Patientin – führt bei psychischen Erkrankungen meist zur Stabilisierung und damit auch zur Abwendung potenzieller Gefahren“, erklärt BDP-Vizepräsidentin Susanne Berwanger.
BDP: Medien und Politik in der Verantwortung
Der BDP fordert die Politik auf, keine vorschnellen Verallgemeinerungen vorzunehmen. „Eine Stigmatisierung und Ausgrenzung von Geflüchteten und psychisch Erkrankten leistet keinen Beitrag zur Eindämmung von Gewalttaten in Deutschland“, so der Verband. Stattdessen brauche es bessere Präventionsstrukturen, mehr Psycholog*innen und ein funktionierendes Krisenmanagement, um gefährliche Entwicklungen frühzeitig zu erkennen.
Auch die Medien stehen aus Sicht des BDP in der Verantwortung: „Das Augenmerk sollte nicht auf Einzelmerkmale der Täter gelegt werden, sondern auf eine Berichterstattung mit fundierter Analyse der Hintergründe“, appelliert der Verband.